Woher kommt der Name "Hotzenwald"?

Vor Kurzem kam wieder einmal die Frage, wo der Name Hotzenwald herkommt und seit wann es diese Bezeichnung gibt. Einer wusste es gleich: "Von dem ehemaligen Säckinger Victor von Scheffel." Scheffel, der von 1849 bis 1851 als Rechtspraktikant am damaligen Bezirksamt tätig war, erwähnt 1864 in einem Gedicht zur vierten Auflage seines „Trompeter von Säckingen“ tatsächlich den Hotzenwald.

Erfunden hat er diesen Namen für das Waldgebiet freilich nicht, denn er taucht erstmals im Badischen Wörterbuch auf. Soweit bekannt, wurde der Begriff „Hotzenwald“ dann von Eberhard Gothein 1887 auf dem siebten Deutschen Geographentag in Karlsruhe auch in die Wissenschaft eingeführt.

„Na Büachli für d'Hauesteiner“, die Revolutionsschrift eines Hauensteiners von 1848, dient heute noch als Beleg dafür, dass der Name schon vor Scheffels Zeit benutzt wurde. In dieser Broschüre, aufbewahrt in der Landesbibliothek Karlsruhe, wird die Bevölkerung aufgerufen, mit Hecker und Struve sich gegen die Fürstenwillkür in Karlsruhe zu erheben. In acht Kapiteln führt der Autor den Leuten vom Wald den großen Unterschied zwischen dem bestehenden Fürstenstaat und der ersehnten Republik vor Augen. Da sich der Schreiber anonym als „Hans Guckinofe am Cholweg“ bezeichnet, liegt die Annahme nahe, dass er aus der näheren Umgebung von Buch, Birndorf oder Unteralpfen stammt.

Interessant ist die Schrift vor allem deshalb, weil sie in Hotzenwälder Mundart geschrieben ist. Damit dürfte diese politische Aufklärungsschrift, die vor über 160 Jahren in Karlsruhe gedruckt wurde, sicher zu den ersten Dialektaufzeichnungen des Hotzenwaldes gehören. Weil der engagierte Hans Guckinofe an vielen Stellen eine große Unwissenheit über das Wesen einer Republik festzustellen glaubt, fühlt sich der freiheitlich gesinnte Autor verpflichtet, zur Feder zu greifen und seinen Mitmenschen die Augen zu öffnen.

„I mua jez au a Büachli macha, het jo de Spitaler z'Waldzat (=Gabriel Schupp von Birkingen, Anmerkung des Verfassers) au ais gmacht, wennar scho an Wälderhotz isch, wia i au.“ Der politische Kämpfer „mua ußebriala, wascho lang imar g'stekat isch“, dass man es bis nach Hottingen, Atdorf, Hornberg und Herrischried hören kann. Zum Vergleich, wie gut und wie freiheitlich es der Mensch in der angestrebten Republik haben kann, führt er immer wieder die nahe Schweiz an. Er verwahrt sich jedoch dagegen, dass die gegen die bestehende Staatsform opponierenden Männer, „dia, wo nümme wend recht folge un sie no a Weng wend spera, de lezt Chrüzer uf Karlisruai aba z'schicke, Chezerbuaba sind“.

Besonders hart ins Gericht geht Hans Guckinofa dann freilich mit dem Waldshuter „Ambtma“ (heute etwa Landrat) um, mit dem er persönlich mehrmals auf dem Bezirksamt zu tun hatte und der ihn heimschickte, weil er ihn angeblich nicht verstand. „I ha gsait: Ja wenni au en ander Mol chum, so chani doch kai andri Sproch.“ Als er tatsächlich wieder vorstellig wurde, beleidigte man ihn sogar: „Darno het der Ambtma gsait, uf dem Hotzawald seig doch’s dümmst uns liederlichst Lumpegsindel, wos gäb.“

Dies ist denn auch der Beweis dafür, dass die Bezeichnung „Hotzenwald“ schon vor Scheffel über die Druckerpresse im Land verbreitet worden ist. Ausgesprochen hat es schließlich der rangmäßig höchste Mann im Bezirk Waldshut. Der unbekannte Schreiber fährt weiter fort: "Inara Republik sin d'Chind nütt als Chind, im Fürstestaat het a Chind voma Fürst scho großi Titel un Ehra un scho als Chind meh z'Loh alli Johr aß 10 Taglöhner mit allem Fliß verdiena. Für wa?“ Einem Oberst gebe man 12 000 Gulden alle Jahre, „un ima Soldat 's Tags zwei Chrüzer. Aso isch inara Republik itt, do het da Groß weniger un da Chlai het meh“.

Vor allem hebt er in seiner Schrift darauf ab, dass in einer Republik bis zum Schulmeister alle Beamten gewählt würden. Diese könnten dann nicht mehr so grob mit einem umgehen und „aim abschnauze, will ma na sust d’Stimm nümme gitt“. „Aß nehmat 's Schwert und Büchs i d'Hand und machat frei das Vaterland!“, ruft der überzeugte Republikaner am Schluss seine Landsleute auf. Ob seine Anonymität nach dem Scheitern der Revolution gewahrt blieb, ist nicht bekannt. Viele andere, auch aus dem heimatlichen Hotzenwald, mussten für ihren Einsatz um die Freiheit schwer büßen. Unter den „bei der Empörung beteiligten Individuen“, wie wörtlich in den Akten vermerkt, ist auch der Görwihler Lehrer Josef Kaiser aufgeführt. Während man ihn ins Gefängnis warf, wurde sein Gesinnungsfreund und Kollege, der Rüsswieler Sebastian Schuhmacher, als Strafe für seine Teilnahme an der Revolution von seinem Schulmeisterposten suspendiert.

(aus: Südkurier vom 26.04.2016  von Paul Eisenbeis)

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